AUSZUG | eb - Elektrische Bahnen 10/2015

472 Fokus 113 (2015) Heft 10 80. Geburtstag von Friedrich Kießling Am 23. September 2015 feierte Dr.-Ing. Friedrich Kießling seinen 80. Geburtstag. In Fürth/Bayern, an der Wiege der ersten deutschen Eisenbahn, geboren und aufgewachsen, war seine Bestimmung für die Eisenbahn vorgezeichnet. Nach Abschluss des ma- thematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasiums 1954 folgte das vierjährige Maschinenbau-Studium an der Technischen Universität in München. Im An- schluss an seine Tätigkeit als Assistent am Lehrstuhl für technische Mechanik promovierte er 1971 zum Thema „Berechnung des Zustandes der Seile im Ab- spannabschnitt einer Starkstromfreileitung“. Damit legte er die Grundlage für seine erfolgreiche Tätig- keit im Freileitungsbau. Bereits 1965 begann er bei der Siemens AG in Erlangen als Gruppenleiter im Gebiet Fahr- und Freileitungen. Damit folgte er sei- nem jeher vorhandenen Interesse für die Eisenbahn und dem damaligen Trend bei der Deutschen Bun- desbahn, das Netz der elektrischen Zugförderung auszubauen. Die Anforderungen der Deutschen Bundesbahn an die Bahnindustrie führten zum Ausbau der Technikabteilungen bei den damaligen Oberleitungsfirmen AEG, BBC und Siemens. Die Siemens AG nutzte das Wissen und die Führungsfä- higkeiten von Friedrich Kießling und erweiterte 1976 die Technikgruppe zur Technikabteilung. Ab diesem Zeitpunkt war er als wissenschaftlicher Berater und Leiter der Abteilung Technik und Entwicklung für die Systemtechnik Fahr-und Freileitungen bis zu sei- nem Ausscheiden aus der Siemens AG in 1997 in Erlangen tätig. In dieser Zeit wirkte er in mehreren internationa- len Freileitungsfachgremien mit oder leitete diese, so bei CENELEC im Komitee TC 11 „Freileitungen“, welches für die europäische Norm EN 50341 zustän- dig ist oder bei Cigré , dem Internationalen Gremium für große elektrische Netze. Auf IEC-Ebene war er deutscher Delegierter im Komitee TC 11 „Freileitun- gen“. Dort war er maßgeblich an der Erstellung der internationalen Normen IEC 60826, IEC 61773 und IEC 61824 beteiligt. Seit 1967 arbeitete er innerhalb der DKE im Komitee K421 „Freileitungen“ mit und leitete dort unter anderem die Arbeitsgruppe für die Normung der Eislasten. Sein Wirken im Freileitungsbau führte zu Berech- nungsmodellen für Masten und Trassierungen sowie zur Entwicklung und Berechnung von Gestängen für viele deutsche Energieversorgungsunternehmen. Ein fachlicher Höhepunkt war seine Studie zu den Leitungen für DC 500 kV in Deutschland. Die Pro- jekte, die unter seiner fachlichen Leitung standen, waren Freileitungen über Elbe und Weser, in den Arabischen Emiraten, in Indonesien, Iran, Korea, Ni- geria und Saudi Arabien. In der Türkei war er für eine Freileitung über den Bosporus verantwortlich und in Ägypten für die über den Suez-Kanal. Aus seinem Wissensfundus entstanden Freileitungsfachbücher in englischer und deutscher Sprache, die zum weltwei- ten Standard im Freileitungsbau geworden sind, und über 50 Fachpublikationen. Im Fachgebiet der Oberleitung machte sich Friedrich Kießling um die Entwicklung und Erpro- bung der Hochgeschwindigkeitsoberleitungsbau- arten Re250 und Re330 im deutschen Hochge- schwindigkeitsverkehr verdient. Er war maßgeblich an der Vorbereitung und Durchführung der Weltre- kordfahrt des ICE/V zwischen Würzburg und Fulda beteiligt, bei der am 1. Mai  1988 eine Höchstge- schwindigkeit von 406,9 km/h erreicht wurde. Sei- ne wissenschaftlich-technische Leistung bestand in der Analyse der Vorgänge beim dynamischen Zusammenwirken von Oberleitung und Stromab- nehmer sowie der Umsetzung in eine ausführba- re Oberleitungsbauart. Der deutsche Weltrekord im Jahr 1988 war gleichzeitig eine Krönung seiner fachlichen Leistung. Weitere Meilensteine waren 1992 die Elektrifizie- rung der ersten spanischen Hochgeschwindigkeits- strecke von Madrid – Sevilla und der Hochgeschwin- digkeitsstrecke Berlin – Hannover . Friedrich Kießling legte den Grundstein für die bis 400 km/h ausgelegte

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