AUSZUG | eb - Elektrische Bahnen 10/2015

479 Forum 113 (2015) Heft 10 steigende Preise zu erwarten, die das aktuelle Pro- blem des Kupferdiebstahls weiter verschärfen wer- den. Elektrische Bahnen sind seit einigen Jahren von Kupferdiebstahl in erheblichem Maß betroffen [6]. Auch der Klimawandel verursacht zunehmend kos- tenträchtige Störungen in elektrischen Bahnsyste- men mit Oberleitung [7]. M. Schäfer , Köln [1] Schäfer, M .: Kosten und Rohstoffbedarf der Elektrotrak- tion. In: Elektrische Bahnen 111 (2013), H. 4, S. 224; H. 8-9, S. 470. [2] Behmann, U .: Traktion à la Rocky Mountains über Sem- mering, Gotthard und Mt. Cenis? In: Elektrische Bahnen 111 (2013), H. 8-9, S. 468–469. [3] Fassbinder, S .: Zu Kosten und Rohstoffbedarf der Elek- trotraktion. In: Elektrische Bahnen 111 (2013), H. 8-9, S. 471. [4] Fassbinder, S .:  Kupfer: Es ist genug für alle da! In: Elektri- sche Bahnen 113 (2015) H. 8, S. 375–379. [5] http://www.isi.fraunhofer.de/isi-w Assets/docs/e/de/publikationen/Bericht_FSEM_Cu.pdf [6] Leithner, K .: Kupferdiebstahl – Gegenmaßnahmen der ÖBB-Infrastruktur AG. in: Elektrische Bahnen 113 (2015), H. 2-3, S. 118–126. [7] Roll, E .: Die Folgen des Klimawandels – Wie muss sich der Schienensektor vorbereiten? In: Eisenbahntechni- sche Rundschau 64 (2009), Nr. 11, S. 606–608. Der Abrieb von Oberleitungsdrähten war vor einigen Jahren ein in der Presse öfter diskutiertes Thema – da- mals allerdings unter dem Aspekt des in die Umwelt gelangenden Schwermetalls, nicht des Materialverlus- tes. Dazu kann, auch auf Basis von [4], gesagt werden: • Entweder ist die Konzentration so gering, dass sie nur unwesentlich über dem natürlichen Gehalt des Bodens liegt. Dann ist das Thema keines. • Oder sie liegt wesentlich höher; dann handelt es sich nicht um eine Umweltverschmutzung, sondern um ein abbauwürdiges Vorkommen. Dazwischen gibt es kaum eine Bandbreite. Zu dem angesprochenen Aspekt des Material- „Verbrauchs“ kann gesagt werden: Tatsächlich gehen durch den Abrieb jährlich etwa 400 t Kupfer „verloren“ – solange die Rückgewin- nung sich nicht lohnt. Das sind 0,4‰ der etwa 1Mt/a Kupferverarbeitung in Deutschland und ent- spricht nach heutigem Kupferpreis 0,05‰ des Jah- resaufwands der DB AG, den wir hier einmal ver- einfachend und angenähert als den Betrag des Jah- resumsatzes 40Mrd. EUR ansehen können. Das soll „nennenswert“ sein? Auf die Situation, die das: Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI beschreibt, müs- sen wir nicht bis 2030 warten. Vielmehr haben wir eine solche soeben hinter uns: Auf Grund unerwartet stark und unerwartet lange steigenden Bedarfs kam es zu einer Verknappung von Kupfer. Bei aller Vorsicht, die sämtlichen Prognosen und Studien gegenüber immer angebracht ist – das kann natürlich jederzeit wieder eintreten, ist also nichts Außergewöhnliches. Natürlich werden die Preise steigen – ganz grob und langfristig betrachtet parallel zu den Preissteigerun- gen bei allen anderen Rohstoffen, bei denen der Be- darf ebenfalls wächst. Willkürlich das Kupfer heraus- zugreifen und isoliert zu betrachten – ausgerechnet denjenigen Stoff, der sich wahrscheinlich am besten von allen wiederverwerten und in Kreisläufe einfügen lässt – ist müßig. Der Beitrag [4] muss hier nicht wie- derholt werden; darin steht doch alles. Sollten wir jedoch hypothetisch den Kupferbedarf bei der Bahn ersetzen wollen – wie viel Öl würde uns das kosten? Um eine Tonne gleich tausend Meter Fahrdraht zu ersetzen, der nach etwa 500000 Strom- abnehmerdurchläufen zu 80 % wiederverwendbar ist – wie viele Kilotonnen Mineralöl müssten dafür unwiederbringlich verbrannt werden? Der elektri- sche Bahnbetrieb ist doch ein – leider viel zu sehr als selbstverständlich verkannter – Beitrag zur Energie- wende: Gegenüber Individualverkehr, Schifffahrt und Luftfahrt hat er die besten Voraussetzungen und gute Aussichten, energetisch in wenigen Jahrzehn-ten voll- kommen regenerativ zu sein; alles Mineralöl durch Rapsöl ersetzen zu wollen ist dagegen illusorisch. Der Diebstahl von Kupfer ist in der Tat gerade bei den elektrischen Bahnen ein ernstes Problem. Aber er geschieht ja nun eigens zu dem Zweck, das Mate- rial für eine weitere, wenn auch unnötige Runde in den Kreislauf zu bringen. Was also hat dieser Aspekt mit dem Thema zu tun? Stefan Fassbinder Die in [2] gestellte Frage lässt sich dahin erweitern, ob im 57 km langen Gotthard-Basistunnel, im fast ebenso langen Tunnel unter dem Ärmelkanal und im Lötschberg-Basistunnel (noch weitere Beispiele gefällig?) mit Dieselkraftsoff gefahren werden sollte – oder mit Importkohle, falls letztere sich in gutach- terlicher Abwägung als relativ weniger gesundheits- schädlich erweisen sollte. Es bringt nichts, fortge- setzt auf marginale Negativaspekte hinzuweisen, solange realistische Alternativen fehlen. Im Übrigen wird auch das vermisste Kupfer nicht verbraucht, sondern ist – ebenso wie der Abrieb von Schienen und Radreifen – materiell weiterhin vorhanden. Zum klassischen Schotteroberbau bedeutet das: Bei des- sen Aufarbeitung entstehen rund 40% der angelie- ferten Mengen wieder scharfkantig und ausreichend groß für den Gleisbau und weitere 40% als Klein- schotter für den Straßenbau. Die restlichen 20% Stoffe aller Art werden fachgerecht deponiert – und harren dort in Konzentrationen wie sonst im natür- lichen Boden ihrer Wiedergewinnung bei Bedarf. Und bei allen Tunneln wie den eingangs erwähnten ließen sich die „verbrauchten“ Stoffe notfalls gleich direkt abfangen. Uwe Behmann

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY3NTk=